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    Ein verrücktes Jahr unter dem Motto
    »... und dann kam der Regen«

    Alwin Jurtschitsch in einem ersten Gespräch über das Weinjahr 2014

    Es hat sehr trocken begonnen, so gut wie keine Winterfeuchte im Boden, wir hatten sogar Bedenken, dass es zur Blüte Probleme geben wird, wenn kein Wasser für die Mineralisierung der Nährstoffe da ist. Es kam aber dann doch rechtzeitig und die Blüte ging sehr gut durch (nachdem ja das Jahr zuvor beim Veltliner bis zu 50 Prozent verrieselt war). Der Spätfrost war nur ein kurzer Nervenkitzel, der keine nennenswerten Schäden gebracht hat, es war aber sehr knapp. Drei Wochen vor Erntebeginn hätte ich noch gesagt, dass das »ein ganz großer Jahrgang« wird, aber wie sich so ein Weinjahr entwickelt, kann man nicht vorraussagen. Bis Mitte August war alles perfekt, Gesundheitszustand und Menge. Der feuchte und trübe August hat mich auch noch nicht all zu nervös gemacht. Ein toller September kann das noch alles richten. Aber es kam anders, wie gedacht und zwar noch schlimmer mit massiven Regenfällen Anfang September. Dabei hatten wir im Kamptal bei weitem nicht die Wassermassen bekommen wie in den anderen Gebieten.

    Wie wird der Jahrgang 2014 im Kamptal?

    Der Kamptal DAC wird feingliedrig, sehr trinkig, fruchtig und würzig, Alkohol um die 12 - 12,5 Prozent. Vom Kamptal DAC Reserve wird es definitiv weniger geben bei Produzenten, die ohne Botrytis (auch die Botrytistrauben hatten weniger Zucker dieses Jahr) und Aufzuckerung arbeiten. Meine Lagenweine werden vorraussichtlich nicht viel mehr als 12,5 Alkohol haben. Es ist ein bisschen so wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Ich wünsche mir prinzipiell Lagenweine mit weniger Alkohol zu produzieren, jedoch mit der gleichen Spannung, Komplexität und Aussagekraft - wir nehmen die Herausforderung der Natur an.

    Allgemein kann man jetzt schon sagen, dass das Qualitätsniveau nicht einheitlich sein wird. Das wird sich vor allem in der Langlebigkeit bemerkbar machen. Weine aus Weingärten mit übermäßigen Ertrag werden eher dünn und säurebetont sein. Wenn Botrytis nicht selektiv geerntet und im Keller sepaerat verarbeitet wurde, dann kann es Weine von kurzer Lebensdauer geben.

    Was war die besondere Herausforderung für Dich als Weinbauer?

    Es war ein Jahr, wo man als Winzer alles »richtig« im Weingarten machen konnte und trotzdem die Natur uns zeigt, wie machtlos man als Landwirt sein kann. Ob die Strategie richtig war, kann man erst im Nachhinein beurteilen. Allgemein waren Winzer mit einem guten Boden-Verständnis begünstig. Jahrelanger Humusaufbau und Begrünung im Weinberg die das Wasser aus dem Boden zieht halfen immens, genauso wie hochgelegene drainagierte Bergweingärten.

    Es war ein sehr enges Zeitfenster, das wir heuer für die Lese hatten. Perfekte Ernteplanung und radikales Selektionieren im Weinberg waren notwendig. Es ist vermutlich die teuerste Ernte, die wie jemals hatten. Es war ein Wettlauf gegen die Botrytis.

    Es wird sich heuer auch im Keller entscheiden. Wer seine Weine auf der gesunden Vollhefen liegen lassen kann, hat die Chance den Weinen mehr Struktur mitzugeben. Hefen von gefaulten Trauben werden grau und können nicht für den Ausbau auf der Voll oder Feinhefe genommen werden. Deshalb war es heuer wichtiger denn je, im Weingarten ganz genau zu arbeiten.

    Welche Rebsorten haben haben sich gut entwickelt, welche haben eher gelitten? 

    Der robuste Grüne Veltliner hat es am besten überstanden. Die geschmackliche Reife kam schneller wie die Fäulnis. Wir ernteten sobald die Beeren ihren optimalen Geschmack hatten. Reif aber nicht überreif. Geschmackliche Reife war in diesem Jahr bei weniger Zucker als sonst zu schmecken.

    Riesling hat lange mithalten können, aber dann ging es Schlag auf Schlag. Innerhalb weniger Tage begann die Fäulnis massiv (auch in den Berglagen) auszubrechen. Man konnte fast zuschauen. Innerhalb weniger Tage war die Rieslingernte vorbei. Ich war mit Riesling heuer vor den Veltlinern fertig. Chardonnay und Pinot noir waren sehr lagenspezifisch. Oben am Berg waren die Qualitäten top. Vor allem der Gesundheitszustand von Pinot hat mich total überrascht. Für St. Laurent war es nicht das große Jahr.

    Auf wieviel Prozent schätzt Du die mengenmäßigen Einbußen im 5-Jahresschnitt? 

    Die Erntemenge ist heuer von Betrieb zu Betrieb und von Weingarten zu Weingarten sehr individuell. Natürlich hatte ich auch Kollateral-Schäden bei einigen Weingärten und habe mehr Menge an die Fäulnis verloren, weil andere Weingärten einfach wichiger zu ernten waren. Aber ich denke im Betriebsschnitt habe ich vielleicht 20 Prozent weniger.

      

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    «Ein Sommer am Heiligenstein»
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    Stefanie & Alwin Jurtschitsch
    weingut@jurtschitsch.com